2. DIE MÜNZPRÄGUNG DER RÖMISCHEN REPUBLIK

Roms Machtbereich am Ende des 3. Samnitischen Krieges (Karte: Wikipedia).

Im Jahr 290 v.Chr. hatte die römische Republik mit dem Ende der Samnitenkriege eine Vormachtstellung in Mittelitalien errungen. Der Süden der Halbinsel stand jedoch weiterhin unter dem Einfluss einer Koalition reicher griechischer Städte und Sizilien wurde von Karthago beherrscht. Um die bereits eroberten Gebiete auch wirtschaftlich zu einen und die eigene ökonomische Unterlegenheit gegenüber den Rivalen auszugleichen, galt es, das Geldwesen zu organisieren. Hierzu wurde 289 v.Chr. die Münzadministration durch einen Senatsbeschluss auf ein „Dreimännerkollegium zum Gießen und Schlagen von Gold, Silber und Bronze“ (Beier 2002, S. 21), die sogenannten Tresviri, übertragen. 

Bis in das Jahr 64 n.Chr. waren die Gewölbe des Tempels der Göttin Juno Moneta der Sitz der Münzstätte (Münzmeister = lat. monetarius, Münze = lat. moneta). Das Geld der Römer wies – im Gegensatz zu vielen anderen antiken Münzsystemen – einheitliche Wertzeichen auf, die seit der Münzreform 211 v.Chr. mit dem As einen zentralen Bezugspunkt besaßen. So bestand die Möglichkeit, den relativen Wert jeder Münze, unabhängig von Material oder Gewicht, einschätzen zu können. Die republikanischen Münzprägungen spiegeln neben dem Aufstieg der Römischen Republik zu einer Hegemonialmacht im Mittelmeerraum auch die wachsende Kunstfertigkeit der Münzwerkstätten wider.
(Marius Bruns)

2.1. Bevor es Münzen gab – Die Frühzeit und der Beginn der Bronzeprägung in Italien
Bevor es in der römischen Republik Münzen gab, spielte Rohkupfer – aes rude – eine sehr wichtige Rolle. Die Wirtschaft sowie der Handel Mittelitaliens waren zur damaligen Zeit im Vergleich zu anderen Städten begrenzt. Mit der Zeit entwickelten die Römer allgemeine Wertmaßstäbe und gaben dem Kupfer einen hohen Stellenwert. So entsprach ein Stück Vieh zehn Schafen oder einhundert Pfund Kupfer.

Das äußere Erscheinungsbild der aes rude wurde bis zum vierten Jahrhundert v. Chr. in Form von Kupferstangen, gegossenen Platten und als „Gusskönige“ vereinheitlicht. Dabei waren die Kupferstücke mit Mustern wie Zweigen, Blättern und Fischgrätenmuster gekennzeichnet und wogen zwischen 200 und 3.400 g. Die folgenden Prägungen von Kupfer-Barren und -Münzen lassen sich in drei Phasen einteilen:

1. Die erste römische Schwergeldserie aes grave trat um 338 v.Chr. nach den Samnitenkriegen um 290/289 v.Chr. in Kraft. Rom übernahm die Macht in Mittelitalien, Kampanien, Samnium und Etrurien und hatte Zugang zu den reichen Kupferminen. Um 289 v.Chr. beschloss der römische Senat die Münzadministration den tresviri auri argenti aeris flando feriundo mit ihrem Sitz im Tempel der Juno Moneta zu übertragen.

2. Die zahlreichen Siege Roms führten zur Einführung von rechteckigen Bronzebarren – aes signatum – durch die tresviri monetales. Auf beiden Seiten der Bronzebarren war ein Stier abgebildet. Später finden sich auch Schweine, Elefanten und Schafe als Abbildungen auf den Bronzebarren, deren genaue Bedeutung in der Forschung umstritten ist. Das Gewicht eines solchen Bronzebarrens lag bei etwa 1.635 g. Aes signatum war in der Zeit des Ersten Punischen Krieges (264 – 241 v.Chr.) und im Fernhandel mit Spanien, Sizilien und dem Illyricum noch in Gebrauch.

3. Mit dem aes grave wurde das erste differenziert römische Geldsystem eingeführt. Aes grave – Münzen wurden in Doppelformen im Gussverfahren mit meist zwei Gusskanälen hergestellt. Die Münze wurde mit einem Meißel vom Anguss abgeschlagen, wodurch Bearbeitungsspuren an den Rändern einer Münze zu sehen sind. Auf der Vorderseite von aes grave – Stücken ist anfänglich der doppelgesichtige Januskopf zu erkennen. Janus ist in der römischen Mythologie der Gott des Werdens und Vergehens. Dahinter könnte sich eine Symbolisierung des finanziellen und territorialen Gewinns und Verlustes verbergen.

Beispiele
Die folgenden Objekte bieten einen Einblick in die Entwicklung der Prägung von aes grave in der Römischen Republik. 5 Teilnominale wurden der Münzeinheit As zugeordnet. Das As entsprach einem römischen Pfund (libra) zu 327,25 g. Zusammen mit Semis, Triens, Quadrans, Sextans und Uncia bildet das As das Libral-System.

1 Triens, 280-276 v.Chr., Rom, Republik.
Vs.: Blitzbündel, zu den Seiten Nominalzeichen • • – • • [horizontal].
Rs.: Delfin nach rechts, unten Nominalzeichen • • • • [horizontal].
84,132 g. Crawford 14-3.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00001.

Neptun wird in der römischen Mythologie mit Delphinen in Verbindung gebracht. Der Delphin steht auch als Schutzsymbol für alle, die Fahrten über das Meer unternehmen.

2 Quadrans, 280-276 v.Chr., Rom, Republik.
Vs.: Hand, links Nominalzeichen • • • [vertikal]
Rs.: Zwei Gerstenkörner, im Feld Nominalzeichen • • • [vertikal].
77,493 g. Crawford 14-4.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00002.

Der Münzmeister ist unbekannt. Gerste war ein wichtiges Nahrungsmittel der römischen Antike.

3 Sextans, 280-276 v.Chr., Rom, Republik.
Vs.: Kammmuschel, von außen gesehen, unten zu den Seiten Nominalzeichen • – • [horizontal].
Rs.: Caduceus, zu den Seiten Nominalzeichen • – • [horizontal].
41,025 g. Crawford 14-5.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00003.

4 Sextans, 280-276 v.Chr., Rom, Republik.
Vs.: Kammmuschel, von außen gesehen, unten Nominalzeichen • • [horizontal].
Rs.: Caduceus, zu den Seiten Nominalzeichen • – • [horizontal].
49,913 g. Crawford 14-5.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00004.

Hierbei handelt es sich um eine Bronzeprägung aus der Zeit des Pyrrhischen Krieges (280 – 275 v. Chr.). Der Münzmeister ist unbekannt. Der Merkurstab war in der römischen Geschichte ein Symbol des Handels.

5 Sextans, 275-270 v.Chr., Rom, Republik.
Vs.: Kopf eines Dioskuren nach rechts, links Nominalzeichen • • [vertikal].
Rs.: Kopf eines Dioskuren nach links, rechts Nominalzeichen • • [vertikal].
54,274 g. Crawford 18-5.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00005.

Die Zwillingsbrüder Kastor und Polydeukes waren Heldengestalten. Polydeukles war der Sohn des Zeus und unsterblich, Kastor hingegen nicht. Als die Brüder die Töchter des Leukippos begehrten, mussten sie diese entführen, da beide bereits den Apharetiaden versprochen waren. Es kam zum Kampf zwischen den Brüdern und den Apharetiaden Idas und Lynkeus, da diese Rache an den Brüdern nehmen wollten. Der sterbliche Kastor wurde von Idas im Kampf getötet, Polydeukes hingegen siegte über Lynkeus. Dabei wurde dieser verletzt. Mit der Hilfe von Zeus wurde er auf dem Olymp geheiligt und teilte aufgrund seiner Geschwisterliebe seine Unsterblichkeit mit seinem Bruder.

6 Uncia, 269-266 v.Chr., Rom, Republik.
Vs.: Astragal von außen
Rs.: Astragal von innen.
21,07 g. Crawford 21-6.
Museum August Kestner-Münzkabinett Inv. 1986,20.93.
Berger-Katalog Nr. 41.

Astragale sind Sprunggelenkknochen und dienten als Spielsteine. Außerdem hatten sie vermutlich auch kultische Bedeutung bei Orakeln.
(Elisabeth Ibrahim)

2.2 Die frühen Silberprägungen – Didrachmen nach griechischem Vorbild
Die Einführung des ersten Silbergeldes im 3. Jh. v.Chr. steht in engem Zusammenhang mit den außenpolitischen Aktivitäten der römischen Republik.

Phyrrus I. (Foto: Wikipedia).

Rom übernahm eine Vielzahl von fremden Prägetypen und führte diese, insbesondere in Form der griechischen Didrachme, fort. Mit dem Sieg über Pyrrhos und der Herrschaft über Unteritalien war dies auch notwendig geworden, da in diesen Gebieten zuvor die griechische Didrachme als Zahlungsmittel genutzt wurde. Bei der typologischen Übernahme solcher Prägungen bleibt allerdings die Frage zu stellen, inwieweit diese Prägungen tatsächlich als „römisch“ anzusehen sind. Die Romanisierung des Münzwesens in den jeweiligen Regionen lässt sich allerdings gut an der Beendigung der Produktion von lokalen Münzserien veranschaulichen. Im Verlauf des 3. Jh. v. Chr. kam es nicht nur zu einer Romanisierung von Münznominalen und Symbolik, sondern auch die Münzprägestätte verschob sich. Ab der Mitte des Jahrhunderts wurden die meisten Didrachmen in Rom geprägt, was deutlich am ROMA-Schriftzug zu erkennen ist. Auch die Punischen Kriege (264 – 146 v.Chr.) hatten Einfluss auf die römische Münzprägung des 3. Jh. v. Chr. Als vorweggenommene Siegesmeldung deutet man das Bild einer Didrachme mit behelmtem Romakopf auf der Vorderseite. Das Rückseitenbild zeigt die Göttin Victoria, wie sie einen Siegeskranz an einem Palmzweig befestigt.

Insbesondere die Auseinandersetzungen mit den süditalischen Griechenstädten und die damit zusammenhängenden pyrrhischen Kriege bedingen die ersten Silberprägungen in der Republik massiv. Die römische Republik war sich ihrer eigenen wirtschaftlichen Unterlegenheit im Vergleich zu den Städten im Süden bewusst und es galt, sich gegenüber diesen ökonomisch florierenden Regionen als gleichwertiger Konkurrent bzw. Partner zu profilieren. Dabei galt die Stadt Tarent als die mächtigste unter den süditalischen Griechenstädten. Die Tarentiner hatten erfolglos eine Koalition zwischen den italischen Griechen gegen Rom zu schmieden versucht. Sie baten den König Pyrrhos von Epirus um Hilfe. Die pyrrhischen Kriege von 279. bis 272. v. Chr. wurden für die Römer zum Existenzkampf.

Einflussbereiche im westlichen Mittelmeerraum (Foto: Wikipedia).

In den Jahren nach dem Ersten Punischen Krieg (264 – 241 v.Chr.) bestand die Münzprägung Roms aus Serien mit geprägten Silber- und Kupfermünzen einerseits und gegossenen Bronzemünzen anderseits. Erstere waren eher für den Umlauf in Süditalien bestimmt, letztere für Mittelitalien. Um das Jahr 235 v.Chr. kam es zur Einführung eines neuen Didrachmentyps, der wegen seiner Gestaltung den Namen „Quadrigatus“ erhielt, da alle Rückseiten Jupiter zeigen, wie er ein Vierergespann, die Quadriga, lenkt. Auf den Vorderseiten wurde der doppelgesichtige jugendliche Januskopf abgebildet. Die Quadrigati wurden in hoher Anzahl und mit hohem Feingehalt geprägt. Im Verlauf des Zweiten Punischen Krieges (218 – 202 v.Chr.) wurde die Anzahl und der Feingehalt reduziert, ehe die Prägung 212. v.Chr. vollständig eingestellt wurde.

Beispiele
Die folgenden Objekte bieten einen exemplarischen Überblick über die römischen Silbermünzen des 3. Jahrhunderts vor Christus: Von der Übernahme des griechischen Münznominals, über das Aufkommen einer eigenen Symbolik bis hin zur Einstellung der spezifisch römischen Didrachmenprägung im späten 3. Jh. v. Chr. Die Objekte zeigen, wie sehr die römische Münzprägung in dieser Zeit sowohl hinsichtlich der Symbolik als auch hinsichtlich des Münznominals durch außenpolitische Faktoren beeinflusst wurde.

7 Anonym. Didrachme, 275-270 v.Chr., Münzstätte ungewiss.
Vs.: Apollokopf nach links mit Lorbeerkranz, davor ROMANO
Rs. Pferd nach rechts galoppierend, darüber 8-strahliger Stern.
6,79 g. Crawford 15-1a; Sydenham 4.
Museum August Kestner-Münzkabinett. Inv.-Nr. 002.
Bahrfeldt 1899, S. 403 Nr. 8; Berger-Katalog Nr. 11.

Im Jahr 272 beendete Rom den Krieg gegen die mit Pyrrhos verbündeten Tarentiner. Es handelt sich um eine der ersten römischen Didrachmenprägungen nach griechischem Vorbild. Die Prägung fand noch vor den pyrrhischen Kriegen statt. Der auf der Vorderseite abgebildete Apoll könnte vielleicht als Verteidiger das griechischen Süditaliens durch die Hilfe der Römer interpretiert werden. Das galoppierende Pferd könnte für die Nähe zu Karthago stehen, mit dem Rom zu jener Zeit gegen Pyrrhos verbündet war.

8 Anonym. Didrachme, 269-266 v.Chr., Rom.
Vs.: Kopf des jugendlichen Hercules nach rechts mit Kopfband, auf der Schulter Keule und Löwenfell
Rs.: Wölfin nach rechts, Kopf zurückgewendet, säugt Romulus und Remus, im Abschnitt ROMANO.
7,15 g. Crawford 20-1; Sydenham 6.
Museum August Kestner-Münzkabinett. Inv.-Nr. 003.
Bahrefldt 1899, S. 410 Nr. 13; Berger-Katalog Nr. 38.

Es handelt es sich um den ersten Didrachmentyp, der wohl in Rom selbst geprägt worden ist, worauf die Darstellung von Romulus und Remus auf der Rückseite verweist. Herkules gilt als Schutzpatron des Geschlechtes der Fabier, die im Jahr 269 v.Chr. mit Gaius Fabius Pictor einen Konsul stellten.

9 Anonym. Didrachme, 265-242 v.Chr., Rom.
Vs.: Romakopf nach rechts mit phrygischem Helm
Rs.: Victoria nach rechts stehend, befestigt Kranz mit den Bändern im Palmzweig, links ROMANO.
6,53 g. Crawford 22-1; Sydenham 21a.
Museum August Kestner-Münzkabinett. Inv.-Nr. 1927, 12.
Berger-Katalog Nr. 42.

Der behelmte Romakopf sowie die Victoria können als frühe Siegesmeldung im Ersten Punischen Krieg verstanden werden.

10 Anonym. Didrachme, 241-235 v.Chr., Rom.
Vs.: Bartloser Marskopf nach rechts mit korinthischem Helm, der mit einem Greif verziert ist
Rs.: Pferdebüste nach rechts mit Zügel, dahinter Sichel, unten ROMA.
6,67 g. Crawford 25-1; Sydenham 24.
Museum August Kestner-Münzkabinett. Inv.-Nr. 0022.
Bahrfeldt 1900, S. 29 Nr. 8; Berger-Katalog Nr. 47.

Die für diese Zeit typische Pferdedarstellung verrät die karthagischen Einflüsse bei dieser Serie.

11 Anonym. Didrachme, 225-212 v.Chr., Rom.
Vs.: Dioskurenköpfe in Janusform mit Lorbeerkranz
Rs.: Jupiter in Quadriga nach rechts, hält in der Rechten Blitz, in der Linken Zepter, hinter ihm Victoria als Lenkerin im Wagen. Relief auf rechteckiger Tafel ROMA.
6,7 g. Crawford 28-3, Sydenham 64.
Museum August Kestner-Münzkabinett. Inv. NMz 514 (Bf).
Bahrfeldt 1899, S. 438 Nr. 13; Alföldi, Andreas: Die Penaten, Aeneas und Latinus: eine archäologisch-historische Untersuchung über das Schwurgold und die nummi quadrigati, in: Mitteilungen des deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Rom 78, 1971, S. 1-58, Taf. 11,2; Berger-Katalog Nr. 88.

Die Darstellung der Quadriga kennzeichnet die letzte Münzserie der Didrachmen im 3. Jh. v.Chr. als endgültigen Sieg über Karthago. Der doppelgesichtige Januskopf auf der Vorderseite verweist auf die Schließung des Janusbogens als Zeichen des Friedens nach der Seeschlacht bei den Aegatischen Inseln. 
(Julian Krings)

2.3 Die Einführung und Entwicklung des Denars

Publikation der Fundmünzen aus Morgantina.

Mit dem stark steigenden Wertverlust der Quadrigaten, also der römischen Didrachmen, im griechischen Raum während des Zweiten Punischen Krieges (218–201 v. Chr.) war die römische Republik gezwungen, durch die Einführung einer neuen Währung ihren wirtschaftlichen Einfluss insbesondere in Griechenland wieder zu festigen. 212 v. Chr. führte Rom aus diesem Grund die Silbermünze Denarius als neues Nominal ein. Zudem wurden der Quinar – ½ Denar (Wertzeichen „V“) – und der Sesterz – ¼ Denar (Wertzeichen „IIS“) – geprägt. Erst anhand archäologischer Funde in den Zerstörungsschichten der Stadt Morgantina, die eine lange Zeit der Auseinandersetzungen um den Zeitpunkt der ersten Denarprägung beendeten, konnte 212 v. Chr. als Jahr der Einführung des Denars bestätigt werden.

Das Wechselverhältnis des Denars war klar definiert. Ein Denar entsprach zehn Assen. Dieses Verhältnis wurde erstmalig mittels der Wertmarkierung „X“ auf den jeweiligen Münzen gekennzeichnet. Durch den andauernden Krieg musste die Münzprägung von Rom nach Sizilien, Sardinien und Italien verlegt werden. Mit der massenhaften Verbreitung des Denars wurden alle zuvor etablierten Währungssysteme auf der italischen Halbinsel verdrängt. Zu Beginn wog ein Denar ca. 4,5 g und entsprach damit 1/72 des römischen Pfundes. Da Rom im 2. Jhd. v.Chr. eine Gewichtsverminderung beim As vornahm, betrug das Wechselverhältnis spätestens ab 135 v.Chr. nur noch 1 Denar = 16 Asse, was durch ein neues Wertzeichen, nämlich durch ein Blitzbündel oder „XVI“, auf dem Avers kenntlich gemacht wurde.

Morgantina, Blick von Westen (Foto: A. van Loon) LINK

Die ersten Exemplare des Denars zeigten zwar typisch römische Münzbilder, wiesen jedoch einen eindeutig griechischen Stil auf. Sie zeigten auf dem Avers die Göttin Roma zusammen mit dem Wertzeichen. Auf dem Revers waren die galoppierenden Dioskuren mit eingelegter Lanze und der Abschnittslegende ROMA zu sehen. Diese Darstellungen begründen den Anfang einer eigenständigen römischen Münzprägung. Dabei bezogen sich die verwendeten Symbole auf den Staat als Ganzes sowie auf die militärischen Erfolge, die jüngst verbucht werden konnten.

Bald wurde der Denar zum wichtigsten Silbernominal und erreichte somit endgültige Popularität. Er konnte sich über 500 Jahre hinweg als dominierende Währung im Mittelmeerraum durchsetzen. Über Karl den Großen, der seinen neu eingeführten Pfennig als „denarius“ bezeichnete, reicht sein Einfluss sogar noch bis heute, wo er als „Dinar“ immer noch als Währung in islamischen Ländern bekannt ist.

Beispiele
Die im Folgenden abgebildeten Denare versuchen die Entwicklung dieser einzigartigen Silbermünze nachzuzeichnen. Von den Anfängen gegen Ende des 3. Jahrhunderts v.Chr. über die Änderung des Münzwertes im 2. Jhd. v.Chr. soll der Fokus auch auf Besonderheiten der Darstellungen auf Denaren gelenkt werden. Die Objekte zeigen eindrucksvoll, wie vielseitig die Münze geprägt worden ist. Vom lange beibehaltenen „Einheitsbild“ der Roma hin zum Herrscherportrait auf dem Avers sieht man an dem zeitlichen Verlauf auch die klare Veränderung von der römischen Republik zum Kaiserreich. Ein Denar aus der Zeit des Augustus darf vor dem Hintergrund des Themas dieser Ausstellung nicht fehlen. Die Objekte schließen darüber hinaus mit der Entwicklung des Denars bis in das 3. Jhd. n.Chr. die Erfolgsgeschichte des ersten eigenen römischen Münznominals ab.

12 Denar, 211 v.Chr., Rom.
Vs.: Kopf der Roma mit Helm nach rechts, Perlkreis, links Nominalzeichen X
Rs.: Dioskuren nach rechts reitend, Linienkreis, im Abschnitt ROMA.
3,569 g. Crawford 44-5.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00033.

Hierbei handelt es sich um das erste bekannte Münzbild des Denarius. Der Münzmeister ist unbekannt, die Darstellung der Roma auf dem Avers in Verbindung mit den Dioskuren auf dem Revers zeigen jedoch den direkten Bezug zu Rom.

13 Denar, ca. 141 v.Chr., Rom.
Vs.: Kopf der Roma mit Helm nach rechts; Perlkreis, links Nominalzeichen XVI
Rs.: Dioskuren nach rechts reitend, Linienkreis, unter den Pferden L·VLI, unten ROMA.
3,903 g. Crawford 224-1.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00112.

Das Wertzeichen XVI zeugt von der Wertänderung des Denars. Die Buchstaben unter den Dioskuren stehen für den Münzmeister L. Iulius.

14 Denar, 113-112 v.Chr., Rom.
Vs.: Kopf der Roma mit Helm nach rechts, Perlkreis, Links abwärts ROMA
Rs.: Zwei Gladiatoren im Kampf bewaffnet mit Peitsche und Schlagholz, Im Abschnitt T DEIDI.
3,714 g. Crawford 294-1.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00201.

Dieser Denar zeigt eine sehr seltene Darstellung von Gladiatorenkämpfen. Ausgegeben wurde er vom römischen Münzmeister T. Didius, der, wie auf dem Avers zu sehen, auch Deidius genannt wurde.

15 L. Calpurnius Piso. Denar, 100 v.Chr., Rom.
Vs.: Kopf des Saturn rechts, darunter Pfeil rechts, um den Kopf herum PISO · CAEPIO · Q
Rs.: Die zwei Quästoren links sitzend, Im Abschnitt (A)D · FRV · EMV · (E)X · S · C.
3,850 g. Crawford 330-1a.
Universitätsbibliothek Leipzig 1980/0438.

Dieser Denar bezieht sich wahrscheinlich auf die Einführung der Lex Frumentaria 100 v. Chr. und die damit einhergegangenen Auseinandersetzungen zwischen dem Senat und den Volkstribunen. Auf dem Avers sind demzufolge die beiden Quaestoren L. Calpurnius Piso, der zugleich als Münzherr fungiert und Q. Servilius Caepio abgebildet.

16 Augustus. Denar, 2-1 v.Chr., Lugdunum/Lyon.
Vs.: Kopf des Augustus mit Lorbeerkranz nach rechts, umlaufend gegen den Uhrzeigersinn CAESAR AVGVSTVS DIVI F PATER PATRIAE
Rs.: C. Caesar und L. Caesar in Toga, einander zugewandt, je einen Schild in die Mitte haltend, dahinter zwei Speere, Simpulum und Lituus, Perlkreis, Umlaufend gegen den Uhrzeigersinn AVGVSTI F COS DESIG PRINC, im Abschnitt [C] L CAESARES.
3,510 g. RIC (2) 207.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00617.

Mit Augustus und dem Beginn der Kaiserzeit durften nur noch Herrscher und Familienangehörige der Herrscherfamilien auf Münzen dargestellt werden. Dieser Denar zeigt den Wandel von Götterbildern hin zum Herrscherportrait.

17 Maximinus Thrax. Denar, 236 n.Chr., Rom.
Vs.: Bekleidete, gepanzerte Büste des Maximinus Thrax mit Lorbeerkranz nach rechts, Perlkreis, umlaufend im Uhrzeigersinn IMP MAXIMINVS PIVS AVG
Rs.: Maximinus Thrax in Militärkleidung zwischen zwei Standarten stehend, nach links gewandt, rechte Hand erhoben, in linker Hand Speer, Perlkreis.
3,377 g. RIC 3 (Mattingly, Harold/ Sydenham, Edward, A. 1938. Macrinus to Pupienus. The Roman Imperial Coinage. Volume 4b. London: Spink.).
Münzkabinett der Universität Göttingen UK-01895.

Seit Augustus hat sich die Darstellung des Kaisers oder einer seiner Familienmitglieder auf dem Avers fest etabliert.
(Philipp Wende)


2.4 Römische Familiengeschichte – Die Münzbilder der Denare in der späten römischen Republik
Die Münzmeister waren zu Beginn bestrebt, eine einheitliche Gestaltung der Münzen beizubehalten, um die Wiedererkennung des Nominals zu sichern. Die zunehmende Vorherrschaft der römischen Währung in Italien machte es ihnen jedoch mit der Zeit möglich, in der Gestaltung flexibler zu werden. Seit Mitte des 2. Jahrhunderts vor Christus lässt sich eine variablere Handhabung der Münzbilder erkennen.

Das Amt des Triumvir monetalis bestand wurde noch lange ausgeübt, wie diese Ehrengeübtinschrift aus Rom zeigt (CIL 06, 32412 = ILS 1155).

Man spricht bei den Silberprägungen dieser Zeit von den „Denaren der Münzmeister“. Das Münzmeisteramt gab es zwar seit den Anfängen des römischen Münzgeldes, jedoch kommt ab dieser Zeit der Name des jeweiligen Münzmeisters als äußeres Kennzeichen der Münzen hinzu. Die Motive der Münzen waren geprägt von allegorischen, allgemeinverständlichen Darstellungen, die von Ereignissen der Geschichte und Tagespolitik entlehnt waren. „Die kursierende Münze wurde erstmals in der römischen Geschichte in großem Stil zum Träger der offiziellen Propaganda.“ (Beier 2002, S.38) Die Münzmeister nutzten die Münzen, um die Taten ihrer Vorfahren und den Ruhm des eigenen Geschlechts (gens) hervorzuheben. Das Medium Münze wurde für die Rangstreitigkeiten innerhalb der Aristokratie instrumentalisiert und weckt bis heute das Interesse der Historiker an ihren Bildern, da bis heute nicht alle völlig befriedigend interpretiert werden können.

Beispiele
Die hier abgebildeten Münzen stammen von den ersten “Denaren der Münzmeister”. Die Münzmeister haben die traditionelle Front mit Roma-Kopf nicht abgeändert und nur die Rückseite für die individuelle Gestaltung verwendet.

18 C. Minucius Augurinus. Denar, 135 v.Chr., Rom.
Vs.: ROMA; X Kopf der Roma mit Helm nach rechts
Rs.: C•A V[G] Gedrehte Säule mit aeolischem Kapitell dekoriert mit zwei Glocken, darauf Statue eines Togatus mit Stab in rechter Hand; am Säulenboden zu beiden Seiten je ein Löwe und eine Kornähre; links, Togatus stehend, nach rechts gewandt, mit beiden Händen etwas haltend, linker Fuß auf Modius; rechts, Togatus stehend, nach links gewandt, in rechter Hand Lituus; Perlkreis um den Außenrand.
3.853 g. Crawford 242-1.
Münzkabinett der Universität Göttingen ZV-2011-1-3.

C. Minucius Augurinus weist durch die Rückseite auf die ehrenhaften Taten seiner Ahnen hin. Die abgebildete Ehrensäule wurde vor der Porta Trigemina zu Ehren des C. Minucius Esquillinus (links abgebildet) errichtet, der 439 v. Chr. eine Hungersnot bekämpfte. M. Minucius Faesus (rechts abgebildet) wurde 300 v. Chr.  als erster Plebejer zum Augur ernannt.

19 C. Caecilius Metellus Caprarius. Denar, 125 v.Chr., Rom.
Vs.: ROMA Kopf der Roma mit Helm nach rechts
Rs.: C METELLV[S] Jupiter in Elefantenbiga nach links, Blitzbündel in der linken Hand, Zügel in rechter, über ihm eine von nach rechts fliegende Victoria.
3,794 g. Crawford 269-1.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00157.

250 v. Chr. erbeutete L. Caecilius Metellus, ein Vorfahr des Münzmeisters, bei einem Sieg über Hasdrubal punische Elefanten, die er auf dem Siegeszug mitführte. Das Bild des Elefanten ist auch auf anderen römischen Prägungen abgebildet. Eine Auswahl findet sich hier.

20 L. Thorius Balbus. Denar, 105 v.Chr. Rom.
Vs.: I · S · M · R Kopf der Juno von Lauvium
Rs.: O; L. THORIUS, BLABVS. Stier nach rechts springend.
3,9 g. Crawford 316-1.
Universitätsbibliothek Leipzig 1980/0219.

Die auf der Vorderseite abgebildete Juno ist die Hauptgöttin von Lanuvium, dem Herkunftsort des Münzmeisters. Der springende Stier auf der Rückseite ist eine Anspielung auf den Namen des Münzmeisters.

21 L. Aemilius Paullus Lepidus. Denar, 62. v.Chr., Rom.
Vs.: PAVLLVS LEPIDVS; CONCORDIA. Kopf der Concordia mit Diadem und Schleier nach rechts; Perlkreis
Rs.: TER; im Abschnitt, [PA]VLLV[S] in der Mitte, Tropaeum; rechts, Togatus frontal stehend, Kopf nach links; links, drei Gefangene stehend, nach rechts gewandt; Perlkreis um den Außenrand.
3,763 g. Crawford 415-1.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00416.

Aemilius Paullus, ein gleichnamiger Ahn des L. Aemilius Paullus, führte nach der Schlacht von Pydna den gefesselten König Perseus von Makedonien und dessen Söhne vor ein Tropaeum (Bild der Rückseite).

22 L. Marcius Phillipus. Denar, 56 v.Chr., Rom.
Vs.: ANCVS Kopf des Ancus Marcius mit Diadem nach rechts; links, Lituus; Perlkreis um den Außenrand
Rs.: PHILIPPVS; AQVAMAR. Reiterstatue auf Aquädukt nach rechts, unter dem Pferd Pflanze; in den Bögen Legende; Perlkreis um den Außenrand.
3,892 g. Crawford 425-1.
Münzkabinett der Universität Göttingen AS-00425.

L. Marcius Phillipus weist durch die Rückseite auf den Urahn des marcischen Geschlechts und den Erbauer der Aqua Marcia, König Ancus Marcius, hin.

23 C. Iulius Caesar, Denar. 47 v.Chr., Rom.
Vs.: Kopf der Venus nach rechts
Rs.: CAESAR Aeneas, Anchises auf der rechten Schulter tragend und ein Standbild der Pallas Athene links tragend.
3,67 g. Crawford 458-1.
Universitätsbibliothek Leipzig 1980/0848.

Das Geschlecht Caesars betrachtete die Venus als seine Schutzgöttin und führte seine Herkunft bis auf Aeneas den Trojaner zurück, der auf dem Bild der Rückseite seinen greisen Vater und das Standbild der Pallas Athene aus dem brennenden Troja rettet.
(Victoria Maaßmann)

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